Brandenburg verabschiedet sich endgültig von seiner Geschichte

"Der Berg hat gekreist, und eine Maus geboren."
In normalen Zeiten hätte man das Ergebnis der Diskussion um den Namen der Geschichtsausstellung des Landes Brandenburg in Potsdam so eingeleitet. Doch wir leben nicht in normalen Zeiten. Unter der Herrschaft einer Regierung, die sich im Stile absoluter Herrscher mit der Sonne vergleicht und dem Volk vorschreibt, ihre Postulate zu befolgen und ihnen widerspruchlos zu folgen, wird die Farce zur Normalität  und die Normalität zur Farce herabgewürdigt. Im Februar 2023 wurde von uns hier über die Suche nach einem neuen Namen für das "Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte" (HBPG) berichtet und die damit verbundene Absicht beschrieben. Nun soll das HBPG "Brandenburg Museum für Zukunft, Gegenwart und Geschichte" heißen. Der Geschichte wurde damit endgültig die von Ministerpräsident Dietmar Woidke und Kulturministerin Manja Schüle (beide SPD) sowie von Linke und Grünen gewollte Bedeutungslosigkeit verordnet. Ein Aufschrei der etablierten Historiker Brandenburgs gegen diese Entscheidung wird es nicht geben. Sie leben von dem durch die Regierung zugeteilten Geld.

Nachdem es in Brandenburg nur noch drei Geschichtsperioden gab - 1933 bis 1945 sowie 1949 bis 1989 als die furchtbaren Jahre von Diktatur und 1990 bis in die Gegenwart als die Jahre der glorreichen Entwicklung Brandenburgs unter Führung der ruhmreichen SPD - gibt es jetzt vor allem Zukunftsphantastereien und, wenn sie in das Konzept passt, etwas Gegenwart.

Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, welche finanziellen und sozialen Folgen die Mißachtung der Geschichte sowie der Hinweise von Historikern hatten, vor allem der Erkenntnisse von Laienhistorikern.

In der Lausitz wird ein ausgekohlter Tagebau nach dem anderen geflutet. So viel Wasser in konzentrierter Form hat es dort nie gegeben. Es gab sumpfige Gebiete, kleine und mittlere Wasserläufe sowie natürliche und künstlich angelegte Teiche. Der Wasserhaushalt in den Flächen unterhalb der zahlreichen die Lausitz durchziehenden Höhenzüge pegelte sich über die Jahrhunderte darauf ein. Der überwiegend sandige Boden vermochte das Wasser zu speichern. Negative Folgen durch Grundwasser für Siedlungen und Häuser gab es offensichtlich nicht. Die Festigkeit des Bodens war stabil. Rutschungen sind nicht bekannt.
Mit dem Abbau von Braunkohle und Glassand und der damit verbundenen Absenkung des Grundwassers änderte sich das. Aufgrund der Größe der Tagebaue hielten sich die negativen Folgen zunächst in Grenzen. Die seit Mitte der 1960er erfolgende Flutung der ausgekohlten Gruben änderte das gravierend. Rutschungen veränderten nicht nur die Ränder der Tagebaue, Verkehrswege wurden und werden beschädigt, Siedlungen und Häuser leiden unter den mitunter starken Schwankungen des Grundwasserspiegels. Es erfolgt keine nachhaltige Steuerung des Wasserhaushalts in den betroffenen Regionen, weder beim Grund- noch beim Oberflächenwasser. Trotz der Unmenge von Wasser in den gefluteten Seen leiden Landwirtschaft und Menschen unter Wassermangel. Die Gefahr von Hochwasser in den größeren Flüssen ist nicht gebannt. Das in den Seen vorhandene Wasser verdunstet sinnlos in Hitzeperioden.
Kein Gedanke wurde daran verschwendet, die ausgekohlten Tagebaue einfach zuzuschieben und mit Wäldern zu bepflanzen, das Wasser in die vorhandenen Grabensysteme zu leiten, um den Grundwasserspiegel positiv zu beeinflussen, sowie kleine Teiche anzulegen. Kein Gedanke wurde auch daran verschwendet, Zisternen zu bauen, um überzähliges Wasser für Notzeiten zu speichern (z. B. Trockenheit auf landwirtschaftlichen Flächen oder Waldbrände).

Ganze Landstriche Brandenburgs werden entvölkert, indem die Infrastruktur zerstört wurde und wird. Soziale Beziehungsgefüge werden nachhaltig geschädigt, die Lebensqualität der Menschen im ländlichen Raum kontinuerlich und bewusst heruntergefahren. Die Folge ist ein sehr starker Zuzug in die schon überbevölkerten großen Städte. Konzentration von Menschen auf engstem Raum, bauliche Verdichtung vorhandener Flächen, Chaos auf den Verkehrswegen und bei der Infrastruktur. Das birgt sozialen Sprengstoff und wird sich entladen. Zumal die natürlichen Ressourcen in den betroffenen Städte, wie z.B. Wasser, für diese Menge Menschen und ihre Bedürfnisse nicht vorhanden sind.

Anstatt die Steuermittel in die Heilung der über Jahrzehnte durch die von der SPD geführten Regierungen geschädigte soziale Infrastruktur zu stecken, werden Unsummen in unsinnigen Prestigevorhaben verpulvert.

Die Garnisonkirche in Potsdam ist das beste Beispiel dafür. Sie sollte vor allem aus Spendenmitteln errichtet werden. Doch die Zahl Spendewilligen war zu gering. Also sprang der Staat mit öffentlichen Mitteln ein. Entstanden ist ein auf undemokratische Weise zustande gekommenes Bauwerk, das nur den Interessen einer kleinen Gruppe von Menschen dient und die Macht derjenigen symbolisiert, die es gegen die Mehrheitsbevölkerung durchgedrückt hatte.
Ein Symbol der Macht.
Die Synagoge in Potsdam sollte von den dort ab 1990 lebenden Einwohnern jüdischen Glaubens gebaut werden. Als Zentrum ihrer Gemeinde. Das Interesse der Mehrzahl der Gemeindemitglieder hielt sich aber in Grenzen. Auch die Bereitschaft der finanziellen Beteiligung. Anstatt sich zu engagieren, konzentrierte man sich darauf, immer mehr Geld vom Staat zu fordern. Im Verlauf der Verteilungskämpfe zersplitterte die Gemeinschaft in zahlreiche Gruppierungen. Der Bau einer Synagoge rückte in weite Ferne. Also sprang der Staat mit seiner Macht und mit den von ihm verwalteteten Steuermitteln der Mehrheitsbevölkerung ein.
Die Synagoge wird in Kürze eröffnet. Nicht als Mittelpunkt und Projekt der jüdischen Gemeinschaft Potsdams, sondern als Staatssynagoge, die von der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) betrieben wird. Nach der ZWST-Internetseite ist es das einzige Beispiel, dass die für soziale Fragen zuständige Einrichtung als Betreiber einer Synagoge auftritt. Zudem ist hier die Trennung von Staat (in Form des Landes Brandenburg) und Religion bzw. Kirche nicht nur verletzt, sondern regelrecht außer Kraft gesetzt worden.
Aber das ist kein Einzelfall. Während die Gesellschaft immer säkularer wird, verbünden sich die Regierenden im Interesse der Sicherung ihrer Macht mit den Kirchen und sonstigen Religionsgemeinschaften. Besonders verheerende Auswirkungen hat die staatliche Förderung des Islamismus in Deutschland und der wie Pilze aus dem Boden schießenden islamistischen Unterwandererer von Demokratie und Republik.

 

Parteien und Medien treiben Diskussion in falsche Richtung

In die Diskussion um die Absichten von HBPG-Direktorin Katja Melzer hat sich nach der FDP nun auch die CDU eingemischt. Am 8. Februar 2023 folgte ihnen Linke-Geschäftsführer Sascha Krämer. Personen, die bislang nicht durch konkrete und Entwicklung in Potsdam wirklich voran bringende Politikangebote auffielen, hoffen auf mehr Aufmerksamkeit, wenn sie sich als Kämpfer für Preußen profilieren bzw., wie bei Sascha Krämer, erst mal abwarten, wohin der Wind weht, um sich dann eine Zwischenposition auszusuchen. Das ist nicht neu. Was FDP und CDU betrifft, so werden ihre Äußerungen vor allem bei der AfD auf große Freude stoßen. Geht es doch in die Richtung des von Hans-Christoph Berndt gegründeten und geleiteten Vereins „Zukunft Heimat“. Rückwärts! Dabei geht es in der aktuellen Diskussion nicht um „Pro“ oder „Kontra“ Preußen, sondern um Landesgeschichte in Potsdam und Brandenburg „Ja“ oder „Nein“. Preußen ist dabei nur ein Teil der über 850-jährigen Geschichte Brandenburgs und die Geschichte dieses territorialen Flickenteppichs noch nicht einmal der wesentlichste.

 Aber wie soll das jemand verstehen, der nur zwischen „A“ und „B“, „Schwarz“ und „Weiß“, „Plus und Minus“ oder „Rechts“ und „Links“ zu denken vermag. Für den es schon fast unbeherrschbar ist, kommen „C,D...“ bzw. Farbdifferenzierungen hinzu. 30 Jahre nach der Wiedergründung Brandenburgs hätten wir da schon weiter sein können. Aber es geht scheinbar wieder zurück.

Gründungsidee: Brandenburg (immer) vor Preußen

Am 17. Dezember 2023 begeht das, u.a. auf Initiative des damaligen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) geschaffene, Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG) sein 20-jähriges Jubiläum.
Vorbereitet wurde die Gründung durch Dr. Hartmut Dorgerloh und vollendet von Gert Streidt. Letzterer führte und formte das Haus von 2003 bis 2008. Unter der Leitung seines Nachfolgers, Dr. Kurt Winkler, verlor es von Jahr zu Jahr an Profil und wurde schließlich zu einer Dependance von Kulturland Brandenburg. Die Geschäftsführerin von Kulturland Brandenburg, Brigitte Faber-Schmidt, ist seit Sommer 2021 Leiterin der Abteilung 3: Kultur im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg.

Bereits vor der Eröffnung des Hauses am Neuen Markt in Potsdam wurde über dessen Namen diskutiert. Ein Preußen-Museum gab es schon seit 1998 in Nordrhein-Westfalen, verteilt auf zwei Standorte: Wesel und Minden. Sie firmierten zusammen unter dem Namen Preußen-Museum Nordrhein-Westfalen. Aus diesem Grund, aber auch aus anderen Gründen sollte die geplante Einrichtung in Potsdam einen anderen Namen und einen anderen Inhalt erhalten.
13 Jahre nach der Wiedergründung des Landes Brandenburg kam es hauptsächlich darauf an, die Bewohner des Landes mit ihrer unter neuem Namen firmierenden Heimat zu verbinden und den touristischen Besuchern das Besondere und die Schönheit Brandenburgs zu vermitteln. Die Kombination von Geschichte und Tourismus wurde in das Zentrum gestellt und das Haus als Schaufenster brandenburgischer Geschichte und Kultur sowie brandenburgischen Lebens konzipiert. Das kam auch im Namen zum Ausdruck: Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte. Das „Brandenburgisch“ stand ganz bewusst an erster Stelle. Denn Brandenburg gab es lange vor Preußen. Und in Preußen war es das Kernland, aber weiterhin als Brandenburg.

Es brauchte sehr lange, bis die Interpretation des Namens der brandenburgischen Landesausstellung einigermaßen verstanden wurde. Die Preußen-Freunde konnten sich nicht damit abfinden, dass es in Potsdam kein Preußen-Museum gab. Für die eingeschworenen Preußen-Gegner war das „Preußisch“ schon zu viel, weshalb sie es am liebsten getilgt hätten. Auch Brandenburgs Kulturministerin Prof. Dr. Johanna Wanka hatte ihre liebe Not mit dem Namen des HBPG. Wenn sie ihn aussprach, kam stets das „Preußisch“ vor dem "Brandenburgisch", also „Haus der Preußisch-Brandenburgischen Geschichte“.

An dem Ziel, die Menschen mit dem neuen Land Brandenburg zu verbinden, orientierte sich auch die 2003 eröffnete Dauerausstellung. Sie bestand überwiegend aus Leihgaben von Einrichtungen aus allen Teilen Brandenburgs sowie von Privatpersonen. Jedes Ausstellungsobjekt war mit einem Hinweis auf die Leihgeber versehen, und auf den Ort bzw. die Region Brandenburgs, von wo es kam. Im Zwischengeschoss des HBPG hing eine gemeinsam mit der Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH (TMB) erstellte Karte Brandenburgs, auf der diese Orte hervorgehoben worden waren. Die Aufsichtskräfte konnten nicht nur Auskunft zur Ausstellung geben, sondern auch sehr oft zu den mit einzelnen Objekten verbundenen Orten bzw. Regionen.

Wichtige Voraussetzung für eine verantwortliche Tätigkeit am HBPG war in der Gründungsphase die nachweisbare (!!) Verbundenheit mit dem Land Brandenburg, mit seiner Geschichte und Kultur sowie mit seiner Bevölkerung, in ihrer Vielfältigkeit und Gänze. Wer sich als Brandenburger verstand – ob weiblich oder männlich, ob in einer Partei oder parteilos, ob in einem Verein oder als Freigeist vollständig ungebunden – war angenommen, beachtet und als gleichwertig angesehen. Es gab keine Diffamierung von nach- sowie mitdenkenden Menschen als „Schwurbler“, ideologisch Verirrte, Realitätsleugner oder "Rechtsradikale".

Von dem einstigen Anspruch ist nicht mehr viel übrig. Befördert wurde dies u.a. damit, dass das Kulturministerium das HBPG – im Gegensatz zur Kulturland Brandenburg GmbH – finanziell regelrecht verhungern ließ. Eigene Projekte, die sich in erster Linie mit seiner Aufgabe verbanden, Schaufenster des Landes in der Landeshauptstadt zu sein, waren so kaum mehr möglich. Dabei entsprach der damalige Direktor des HBPG, Dr. Kurt Winkler, genau den vom Kulturministerium unter Ministerin Schüle erwarteten Voraussetzungen für eine Gewährung von finanziellen Mitteln aus dem Landeshaushalt: anpassungsfähig, willfährig, sich von allen dem Ministerium nicht genehmen Personen und Aktivitäten isolierend...

Auch die jetzige HBPG-Chefin, Katja Melzer, verfügt über diese Eigenschaften. Bringt aber noch einiges mehr mit. So ist sie die erste Frau an der Spitze dieses Hauses. Pragmatismus scheint bei ihr weit vor Empathie zu rangieren. Von Verständnis oder Gefühl für die Geschichte Brandenburgs sowie deren vermittlung ist bei ihren öffentlichen Auftritten kaum etwas wahrzunehmen.
Die Führungsriege des HBPG besteht zu 100 Prozent aus Frauen. In untergeordneten Tätigkeitsfeldern werden noch vier Männer hingenommen: Bildung und Vermittlung (1), Mediengestaltung (1), Vermietung (1) und Haustechnik (1). Von insgesamt 26 Führungskräften. Dass es im Besucherservice, d.h. Kasse, noch zwei Personen männlichen Geschlechts gibt, kann hier vernachlässigt werden.

Die einzigen Veranstaltungen, die 15 Jahre lang den einstigen Anspruch des HBPG – Schaufenster des Landes Brandenburg in der Landeshauptstadt zu sein – in Kontinuität bewahrten, waren die „Potsdamer Geschichtsbörse“ und der „Tag der brandenburgischen Orts- und Landesgeschichte".

Weitere Abwicklung der Landesgeschichte

Die Landesgeschichte wurde und wird im Land Brandenburg – vor allem seit der Regierung Platzeck – sehr stiefmütterlich behandelt. Vor allem zeigte sich das am Umgang der SPD-geführten Landesregierung 2007 im Umgang mit dem Jubiläum „850 Jahre Mark Brandenburg“. Erst nach öffentlichem Druck wurde ein offizielles Veranstaltungsprogramm vorgelegt.
Ministerpräsident Manfred Stolpe war die Beachtung und Pflege der Landesgeschichte ein Bedürfnis. Für seine Nachfolger hauptsächlich Ballast. Dementsprechend verhielten sich auch die Kulturministerinnen mit SPD-Parteibuch. Aktuell einer der wichtigsten und noch politisch einflussreichen Vertreter dieser Position innerhalb der SPD ist Günter Baaske.

Die an einer Abwertung der Landesgeschichte interessierten Politikerinnen und Politikern sehen sich in ihrem Handeln auch dadurch gerechtfertigt, dass es seitens der für die Landesgeschichte zuständigen Einrichtungen, Vereine und Personen keinen Widerstand dagegen gibt. Es herrscht eher das Prinzip vor: „Lieber nicht aufmucken, wenn es andere trifft. Vielleicht werden wir dann überleben.“ Und es ist allen klar: Jede Kritik an Handlungen der Landesregierung, die zumeist mit Sparzwängen gerechtfertigt werden, hat zur Folge, dass die Kritiker bei der nächsten Haushaltsdiskussion weniger Mittel erhalten oder gar keine mehr.

Sehr deutlich wurde die vorstehend beschriebene Situation in Verbindung mit der Sitzung des Landtagsausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur am 9. Juni 2021. Es ging darin eigentlich um die „Ehrenamtliche Geschichtsarbeit im Land Brandenburg“, um die Verteidigung des Engagements der damit individuell bzw. in Vereinen befassten über 9 000 Personen und um die Aufwertung ihrer Tätigkeit. Eingeladen waren vom Ausschuss nur Fachhistoriker, keine Ehrenamtler. Und von den eingeladenen Fachleuten ergriff niemand wirklich Partei für den Personenkreis, um den es eigentlich gehen sollte. Sie sprachen nur für sich. Und zumeist mit einer extrem verbalen Verbeugung in Richtung Kulturministerin und dem von ihr geleiteten Ministerium. In China nennt man so etwas „Kotau“.

Indirekt oder, im Fall von Günter Baaske, direkt angegriffen – weil von der Kulturministerin und der Ausschussleitung gern gesehen – wurde der Koordinator für Ehrenamtliche Geschichtsarbeit Land Brandenburg, Dr. Volker Punzel. Als einziger Teilnehmer nahm er kein Blatt vor den Mund bei der Beschreibung der realen Situation der in der Landes-, Regional-, Orts- und Stadtgeschichtsforschung tätigen Ehrenamtler. Was für ihn nicht ohne Folgen blieb!

Die von Dietmar Woidke geleitete Landesregierung duldet keinen Widerspruch. Die SPD nicht von ihren Koalitionspartnern und die Regierung als Ganzes schon gar nicht von Personen, die parteilos sind und sich keiner der in der Landesregierung und im Landtag vertretenen Parteien verbunden fühlen, sondern nur den normalen Brandenburgerinnen und Brandenburgern.

Immer wieder Preußen

Linda Teuteberg (FDP), Gregor Ryssel und Christoph Drapatz (beide CDU) sind die Ersten, die auf den Gaul namens „Preußen“ sprangen. Das werden sie verteidigen, mit allem, was ihnen zur Verfügung steht. Denn sie erhoffen sich davon Wichtigkeit.
Dabei übersehen sie jedoch, dass das Gegenteil der Fall ist und sie vor allem eines offengelegt haben: Dass sie über keinerlei Verhältnis zu dem Bundesland verfügen, in dem sie wohnen und das es ihnen doch eigentlich einer Verteidigung wert sein sollte.
Weit gefehlt: Für sie ist in erster Linie Preußen wichtig und irgendwann, ganz weit hinten, kommt offensichtlich erst Brandenburg.

Das kann man ihnen nicht verübeln, zeugt ein solches Denken doch von Traditionsbewusstsein. Von der Tradition derjenigen konservativen und liberalen Politiker, die nach dem Ende des Kaiserreiches nicht von diesem ablassen konnten, zwar sich der Republik andienten, aber 1933 schnell auf das Pferd „Nationalsozialismus“ sprangen. Bis kurz vor dem Untergang des von Nationalsozialisten geführten Deutschlands saßen die von Schwarz zu Braun gewandelten Herren und Damen fest im Sattel. Als sich das Ende immer deutlicher zeigte, suchten sie – mehr oder weniger konsequent – nach einer Abstiegs- bzw. Ausstiegsmöglichkeit für die Zeit nach dem Ende des nunmehr ungeliebten Regimes.

Wo sind die Verteidiger Brandenburgs? Warum hüllen sie sich in Schweigen und gehen für ihr Land nicht auf die sinnbildlichen Barrikaden? Oder wird hier übersehen, dass von Politik und Medien gar keine Verteidigung Brandenburgs gewollt ist?

Es fühlt sich für einen wirklichen Verteidiger Brandenburgs aktuell an, wie im falschen Film zu sein.


Die Vorgeschichte des HBPG

Am 6. Februar 2023 veröffentlichten die „Potsdamer Neueste Nachrichten“ auf ihrer Internetseite einen Gastbeitrag von Professor Julius H. Schoeps, Gründungsdirektor des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien an der Universität Potsdam, zu der aktuellen Diskussion um das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte. Er geht darin ausführlich auf die Frage des Verhältnisses zwischen Brandenburg und Preußen ein und auf dessen Widerspiegelung im Namen des Ausstellungshauses des Landes Brandenburg am Neuen Markt.

Seinen Ausführungen dazu kann nur zugestimmt werden.  Vor allem, wenn er feststellt:

Für das geplante Ausstellungsgebäude wählten wir bewusst die Bezeichnung „Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte“, weil wir der Ansicht waren, Brandenburg sei das eigentliche Kernland des preußischen Staates gewesen. Ohne Preußen kein Brandenburg, ohne Brandenburg kein Preußen.“

Mit „wir“ meinte er den damaligen Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, Manfred Stolpe, und sich.

„Als der seinerzeitige Ministerpräsident Manfred Stolpe, sowie ein Beraterkreis, zu dem meine Mitarbeiter vom Potsdamer Moses Mendelssohn Zentrum und ich gehörten vor mehr als 20 Jahren in verschiedenen Gesprächsrunden zusammen mit Stolpe die Idee entwickelten, ein „Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte“ im Potsdamer Kutschstall zu etablieren, war das nicht ein blauäugiges Vorhaben, sondern das Ergebnis sorgfältiger Beratungen."

Hier wäre nett gewesen, wenn Herr Schoeps daran erinnert hätte, dass es damals drei – in gewisser Konkurrenz zueinander stehende – Gruppierungen gab die sich mit der Frage befassten, wie dem Kutschpferdestall am Neuen Markt eine sinnvolle Nutzung gegeben werden könnte.

Zum einen war das Manfred Stolpe mit einem Stab von Fachleuten, hauptsächlich von der Landesinvestitionsbank und dem Landesamt für Denkmalpflege.
Zum zweiten Julius H. Schoeps mit dem Moses-Mendelssohn Zentrum.
Zum dritten die Initiative der Potsdamer Innenstadtinvestoren, dessen Mitglied „Werder-Frucht" damals Nutzer des von der Treuhand Liegenschafts-Gesellschaft (TLG) verwalteten Gebäudes war.

1998

„Werder-Frucht", konkret dessen Geschäftsführer Dieter Dörflinger, war an das Potsdamer Zinnfiguren-Kabinett in der Burgstraße und an seinen Eigentümer, Dietrich Garski, mit der Bitte herangetreten, sich in die Diskussion um die künftige Nutzung des Bauwerks einzubringen. 1992 hatte Dörflinger bereits einen Versuch zur Wiederbelebung des Neuen Marktes gestartet. Zunächst wollte er im Dezember 1992 mit einem Weihnachtsmarkt starten. Die Umnutzung des Kutschpferdestalls in eine Markthalle unter der Bezeichnung "Fruchthof" war das Hauptziel. Der Berliner Architekt Christian Koch hatte erste Projektzeichnungen angefertigt, die am 15. Oktober 1992 in einer Diskussionsrunde mit Vertretern der Stadtverwaltung und verschiedener Baufirmen vorgestellt wurden. Das Projekt wurde nicht umgesetzt.
Auf die Bitte Dörflingers im Jahr 1998 reagierend sprach Dietrich Garski den Sprecher der Initiative Potsdamer Innenstadtinvestoren, Dr. Volker Punzel, an, der zusammen mit dem Ausstellungsgestalter des Zinnfiguren-Kabinetts und Kunstmaler, Gunnar Klatte, eine Idee entwickelte. Klatte, Spezialist für Ausstellungen, brachte die Ideen zu Papier und gemeinsam wurde ein Konzept für eine Ausstellung vorgelegt, die zum 300. Jahrestag von Brandenburg-Preußen eröffnet werden sollte. Die Ausstellung war gewissermaßen als Generalprobe gedacht und sollte aus Zinnfiguren-Dioramen unterschiedlicher Größenordnung bestehen, kombiniert mit historischen Ausstellungsstücken und unterteilt in konkrete Themenbereiche und Zeitabschnitte. Die Finanzierung sollte in privater und öffentlicher Partnerschaft erfolgen. Garski konnte sich dabei darauf berufen, dass ihn auch Stolpe persönlich wegen des Kutschpferdestalls angesprochen hatte.

Am 11. Juli 1998 trafen sich Dietrich Garski und Gunnar Klatte zu einem ersten Gespräch. Im Protokoll dazu heißt es:

Herr Garski hat seine Idee zu einer Ausstellung „300 Jahre Brandenburg-Preußen“ wie folgt erläutert:
1) Der Grundgedanke ist eine Zinnfiguren-Ausstellung.
2) Ausstellungsfläche ca. 1 000 qm. Damit wäre die Möglichkeit gegeben, weitere Exponate (Leihgaben der Museen) hinzuzufügen.
3) Höhepunkte der Ausstellung sollten internationale Leihgaben bedeutender Zinnfigurensammlungen bilden.
4) Der Veranstaltungsort könnte der historische Kutschpferdestall am Neuen Markt sein. Ein kleines Freigelände rückseitig könnte mit eingeplant werden.
5) Natürlich soll die Ausstellung in die historischen Gegebenheiten Potsdams sowie in die BUGA eingebunden sein.
6) Der Anspruch der Ausstellung soll dem der Stadt Potsdam entsprechen und internationalem Vergleich standhalten.
7) Die Finanzierung muss durch Sponsoren und (soweit möglich) durch öffentliche Zuschüsse aufgebracht werden.
8) G. Klatte sollte bis Mitte September ein Ausstellungskonzept erarbeiten. Er ist für die künstlerische Gestaltung allein verantwortlich

Punkt 7 gab die Intention von Manfred Stolpe wieder. 1997 hatte er erklärt, dass sich „das HBPG allein durch Sponsoren finanzieren (lasse) und dem Land keinen Pfennig kosten“ werde.
Im September lag das ausführliche Konzept vor. Es gab erste Diskussionen darüber, an denen auch Julius H. Schoeps teilnahm. Doch zur Ausführung kam es nicht. Voraussetzung dafür wäre ein Entgegenkommen von Prof. Schoeps gewesen. Doch dazu war er damals nicht bereit.

Angesichts dessen entschloss sich Manfred Stolpe schließlich, das ganze Projekt mit Landesmitteln und Institutionen des Landes umzusetzen. Ein für die Sammlung privater Gelder gegründeter Förderverein des HBPG sah sich bald vor das Problem gestellt, dass potenzielle Geldgeber rar waren. Woher hätten sie auch kommen sollen? Und jene, die schon da waren, investierten ihr Geld in Bauvorhaben auf der grünen Wiese, in die Villen der Potsdamer Vorstädte oder in dessen marode Innenstadt. Zudem: 2001 - also im „Preußenjahr" sollte die Bundesgartenschau auf dem Bornstedter Feld stattfinden. Und in diese zu investieren, war lukrativer, als in einen maroden historischen Baukomplex.
Hasso Plattner kam dem glücklosen Ministerpräsidenten in der Not zu Hilfe und erklärte sich auf dessen Bitten bereit, Teile der im Inneren des Kutschstallareals befindlichen Gebäude zu sanieren bzw. Neubauten zu errichten. 14 Millionen Mark wollte sich der Großaktionär das kosten lassen. Das Land wollte Mittel in Höhe von 1,8 Millionen Mark hinzugeben. (1)

1999

Julius H. Schoeps und Prof. Bernd Sösemann (Freie Universität Berlin) reichten dem Kulturministerium eigene Konzepte für eine Ausstellung im HBPG ein. Sie wurden vom Kulturministerium als nicht geeignet eingeschätzt und abgelehnt. Eine Gruppe unter Leitung von Hartmut Dorgerloh, HBPG-Gründungsbeauftragter, erhielt den Auftrag ein eigenes Konzept zu erarbeiten. Dr. Agnete von Specht, Historikerin und Ausstellungsgestalterin, übertrug die Gruppe die praktische Umsetzung des Auftrages.

2000

Am 15. Mai 2000 berief Kulturminister Wolfgang Hackel (CDU) die Gründungskommission für das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte. Sie sollte zugleich die Vorbereitungen zu dem Jubiläum  „300 Jahre Preußen“ im Jahr 2001 voranbringen. Dem Gremium gehörten unter der Leitung des Militärhistorikers Prof. Bernhard R. Kroener (Universität Potsdam) weitere folgende fünf Personen an:
Prof. Peter Michael Hahn (Historiker, Universität Potsdam)
Prof. Knut Kiesant (Literaturhistoriker, Universität Potsdam)
Prof. Günther Lottes (Forschungszentrum für Europäische Aufklärung)
Prof. Bernd Sösemann (Freie Universität Berlin)
Prof. Detlef Karg (Landeskonservator Brandenburg).

Die unter Leitung von Dorgerloh arbeitende Gruppe sollte mit der Gründungskommission zusammenarbeiten. Des Weiteren wurden von ihr Ideen für die Nutzung des Kutschpferdestallks nach dem Jubiläum 2001 erwartet. (2)

Sie gaben dem künftigen Ausstellungshaus den Namen und machten sich Gedanken über dessen Interpretation sowie über den Inhalt des HBPG. Ein für die Bürger offener Ort der Geschichte sollte es sein, so die Absicht der Gründerväter.

Frank Kallensee von der „Märkischen Allgemeine Zeitung“ MAZ kommentierte unter der Überschrift "Gründer" den Vorgang am 16. Mai 2000 wie folgt:

Jetzt sind die Kritiker am Zuge. Drei Jahre mussten sie darauf warten. Drei Jahre, die sie dazu nutzten, um gegen das Projekt beziehungsweise gegen die zu Felde zu ziehen, die es bewerkstelligen wollten. Es könne nicht angehen, hieß es da etwa, dass bei einem Unternehmen wie dem in Potsdam geplanten Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte Inhalte maßgeblich von „fachfremden Kräften“ bestimmt würden. Die Fachfremden waren der Potsdamer Politologe Julius H. Schoeps und der Ausstellungsmacher Bodo-Michael Baumunk. Beider Vorschlag ist – warum, sagt keiner – inzwischen abgeschmettert und der Beschwerdeführer ist nun berufen, die Inhalte seinerseits mitzubestimmen. Den Expertenrat des Potsdamer Landeshistorikers Peter-Michael Hahn erbat Kulturminister Wolfgang Hackel, nachdem er einsehen musste, dass bisher zwar „lange geredet, aber zu wenig vernünftig umgesetzt“ wurde. Ein von ihm zur Gründungskommission erklärtes Professoren-Sextett, dem auch Hahn angehört, soll nun richten, was verbogen ist. Ein Jahr hat es Zeit, um besser zu gründen als seine Vorgänger. Und weil das alles eh schon peinlich genug ist, ist es zum Erfolg verdammt.

Anmerkungen

(1) Vgl. Saab, Karim: Wortbrüchig in die Zukunft. Preußen-Museum ohne Finanzierung. In: MAZ v. 5. März 2001.

(2) Vgl. Weirauch, Dieter: Vorbereitungen für 300 Jahre Preußen forciert. In: Berliner Morgenpost v. 16. Mai 2000.

 

 

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